Arbeitszeiterfassung wird Pflicht – Ein erster Gesetzesentwurf liegt vor

Markt & Trends, SAP Fiori im HCM, scdsoft Lösungen / 24.04.2023

Die beiden Urteile zur Pflicht zur Arbeitszeiterfassung von EuGH und nachfolgend auch dem BAG haben hohe Wellen geschlagen. Nun liegt ein erster Gesetzesentwurf des Bundesarbeitsministeriums vor, welcher in den kommenden Wochen im Gesetzgebungsverfahren verhandelt und präzisiert wird.

Der vorgelegte Gesetzesentwurf beinhaltet die folgenden, wichtigen Eckpunkte:

  • Arbeitgeber werden verpflichtet sein, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit (fast) aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufzuzeichnen.
  • Die Erfassung der Arbeitszeit muss elektronisch erfolgen.
  • Die Aufzeichnung selbst kann durch den Arbeitgeber erfolgen, kann aber auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter delegiert werden. In der gesetzlichen Verantwortung bleibt jedoch stets der Arbeitgeber.
  • Vertrauensarbeitszeit soll möglich bleiben, die Erfassung der Arbeitszeit muss jedoch dennoch erfolgen.
    • So müssen Arbeitgeber sicherstellen, dass Verstöße gegen die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes bekannt werden (Dauer und Lage der Arbeits- und Ruhezeiten). Dies könnte durch bspw. eine Meldung eines elektronischen Arbeitszeiterfassungssystems erfolgen.
      • Hier sind die Möglichkeiten in der SAP HCM-Zeitauswertung vielseitig. Neben automatisierten Prüfungen auf Arbeitszeitverstöße lassen sich auch Auswertungen im Manager-Self-Service oder E-Mail Benachrichtigungen für Führungskräfte implementieren (siehe Abschnitt weiter unten).
    • Es besteht dann zwar keine Kontrollpflicht, wohl aber eine Pflicht zur Aufzeichnung der Arbeitszeiten.
    • Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer auf Verlangen über die aufgezeichnete Arbeitszeit zu informieren und ihm auf Verlangen eine Kopie der Aufzeichnungen zur Verfügung zu stellen

Unternehmen möchten vorbereitet sein – welche Möglichkeiten im SAP HCM bestehen bereits?

Wo Terminals zur Zeiterfassung bereits vorhanden sind, wird die Erfassung der Arbeitszeit für ein Großteil der Belegschaft heute bereits fest verankert sein und kann dementsprechend auch einfach auf die restliche Belegschaft ausgeweitet werden.

Was jedoch, wenn bisher keine Zeiterfassungs-Terminals existieren?

Dann bietet sich die elektronische Erfassung per Employee-Self-Service (ESS) an. Bei vielen Unternehmen sind Employee-Self-Services bereits seit einiger Zeit fester Bestandteil der HR-IT-Landschaft. Dieses Medium bietet sich folglich auch ideal zur Zeiterfassung an – zumal es sich auch für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Außendienst, auf Dienstreise oder auf Montage bestens eignet – dann am Besten via Smartphone. Die ESS-App ermöglicht natürlich auch das Ein- und Ausstechen im Home Office.

Umsetzung mit SAP Fiori App „My Time Events”

Um das nahtlose Zusammenspiel zwischen Arbeitszeiterfassung und SAP HCM-Zeitwirtschaft sicherzustellen, empfehlen wir eine direkt in die Zeitwirtschaft integrierte ESS-App. Standardmäßig bietet SAP die Fiori-App „My Time Events“ an („Meine Zeitbuchungen“). Diese App ermöglicht die ad-hoc Erfassung von Zeitereignissen wie „Kommen“ und „Gehen“. Zudem können weitere Zeitereignisse per Customizing angeboten werden:

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SAP Fiori App „My Time Events“

Neben der Schnellerfassung erhält der User eine Kalenderansicht mit Überblick über die Buchungen in der Vergangenheit. Dies ermöglicht das nachträgliche Erfassen bzw. Korrigieren von Zeitbuchungen (erfolgt im Reiter „Ausführliche Erfassung“):

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Kalendersicht auf bisherige Zeitbuchungen

Je nach Customizing kann eine Genehmigung der Zeitbuchungen durch die direkte Führungskraft implementiert werden. Diese Zeitbuchungen werden in der Tabelle „TEVEN“ abgespeichert und können von der SAP HCM-Zeitauswertung wie gehabt verarbeitet werden. Als weitere Features bietet die App dem User eine Übersicht der Meldungen aus der Zeitauswertung, eine Übersicht relevanter Zeitsalden sowie den Download des Zeitnachweises an.

Zum Vergleich: scdsoft Add-On-Lösung „Clock in/out“

Unsere scdsoft Add-On-Lösung „Clock in/out ist ebenfalls eine Möglichkeit zur Erfassung der Arbeitszeit via Employee-Self-Service, sowohl für SAP Fiori als auch Web Dynpro ABAP. Einige Funktionalitäten sind im Vergleich zur SAP-Standard App jedoch anders umgesetzt:

  • Die Stempelung erfolgt stets zur SAP-Serverzeit. Dies stellt sicher, dass keine Manipulation möglich ist. Bei „My Time Events“ erfolgt die Buchung zur Systemzeit des jeweiligen Endgeräts.
  • Das Zeitereignis kann mit einer frei wählbaren Terminal-ID versehen werden und simuliert in der TEVEN-Tabelle eine identische Buchung wie per Zeiterfassungs-Terminal (kein ESS-Kennzeichen).
  • Zudem kann ein definiertes Herkunftskennzeichen übermittelt werden.

Aus oben aufgeführten Gründen setzen viele Bestandskunden auf eine Kombination zwischen scdsoft „Clock in/out für die Stempelung von Zeitereignissen und SAP „My Time Events“ für die Korrektur bzw. das Nachtragen von Zeitereignissen.

zeiterfassung via self-service
Zeiterfassung via scdsoft „Clock in/out“

Auswertungsmöglichkeiten von Arbeitszeitverstößen im SAP HCM

Wie bereits bei den Eckpunkten zum Gesetzesentwurf aufgeführt, müssen Arbeitgeber zukünftig Arbeitszeiten aufzeichnen und diese entsprechend auch nachweisen können. Die Aufzeichnungspflicht bedeutet implizit auch, dass Arbeitgeber Arbeitszeitverstöße Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nachvollziehen müssen. Dies betrifft vor allem Pausenzeiten, Mehrarbeiten und Ruhezeiten.

Um diese Pflicht möglichst komfortabel und automatisiert erfüllen zu können, kann man sich zuvor definierte Auswertungen im SAP HCM-System zu Nutze machen. Hierbei sind die Möglichkeiten in der SAP HCM-Zeitauswertung vielseitig. Sofern ein Arbeitszeitverstoß durch das System identifiziert wurde, lassen sich E-Mail Benachrichtigungen an die entsprechende Führungskraft einrichten. Zudem können jene Auswertungen per Reporting-App im SAP Fiori Launchpad an Mitarbeitende, Führungskräfte sowie bspw. Betriebsratsmitglieder verteilt werden.

In der scdsoft Add-On-Lösung „Reporting Cockpit“ lassen sich definierte Meldungen zu Arbeitszeitverstößen an alle Beteiligten verteilen. Zudem ist die Erfassung einer Begründung (durch den MA oder dessen FK) möglich. Diese wiederum kann durch weitere Gremien wie Linienvorgesetzte oder Betriebsräte eingesehen werden:

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Anzeige von 10-Std-Arbeitszeitverstoß im MSS-Reporting inkl. Erfassung und Einsicht einer Begründung.

In einer Ausbaustufe können diese Arbeitszeitverstöße, nachdem sie durch den Mitarbeitenden begründet und von der Führungskraft geprüft wurden, auch über einen Report in den IT2007 (Anwesenheitskontingente) verbucht werden, sodass die Mehrarbeit entsprechend mit Zuschlägen vergütet wird.

Fazit: Wer heute schon handeln möchte, hat mehrere Möglichkeiten

Wer bereits heute eine Erfassung der Arbeitszeit per Self-Service-Szenario für die Belegschaft implementieren möchte bzw. muss, hat im Kontext von SAP HCM mehrere Möglichkeiten. Der vorgelegte Gesetzesentwurf enthält bereits die Verpflichtung zur elektronischen Erfassung der Arbeitszeit. Dies wird sich auch im Gesetzgebungsverfahren nicht mehr verändern. Auch wenn Übergangsregelungen und Ausnahmen (Vertrauensarbeitszeit) im Gesetz vorgesehen werden, werden Arbeitgeber wohl nicht an einer Form der elektronischen Arbeitszeiterfassung vorbei kommen.

Kommen Sie bei Fragen und bei Interesse an einer Live-Demo gerne auf uns zu!

Autor: Sean Schröpfer